Ca. 800 Millionen Currywürste werden jährlich in Deutschland verzehrt - Davon allein über 8 Millionen in der Volkswagen-Kantine in Wolfsburg.
Diesen Erfolg hat die Currywurst Altkanzler Gerhard Schröder, ehemaliges Mitglied des Aufsichtsrats von VW, zu verdanken, der sich 2021 empört öffentlichkeitswirksam zu Wort meldete, als die VW-Kantine die Currywurst nach knapp 50 Jahren – im Zuge der Umstellung auf rein vegetarische Kost – für ganze zwei Jahre vom Speiseplan strich. Innerhalb der Corona-Pandemie wurde die Currywurst den VW-Mitarbeitern sogar ins Homeoffice geliefert. Überhaupt ist die Currywurst der Deutschen liebstes Kantinenessen. Schröders Parteikollegen der SPD NRW warben 2012 sogar auf ihrem Wahlplakat mit dem Slogan „Currywurst ist SPD“; Bundeskanzler Scholz bekräftigte im Wahlkampf 2021: „SPD ist Currywurst“.
Aber von vorne: Egal ob Rentner, hochkarätige Politiker, Manager oder Starkoch Johann Lafer – Sie alle eint die Liebe zur Currywurst. Im rheinland-pfälzischen Neuwied wird sogar jeden Januar das „Festival der Currywurst“ gefeiert.
Erfunden wurde der weltweite Exportschlager wahrscheinlich in Berlin: 1949 testete Herta Heuwer an ihrem Imbiss in der Kantstraße / Ecke Kaiser-Friedrich-Straße in Berlin-Charlottenburg eine neue Rezeptur aus Tomatenmark, Worcestersoße, Currypulver und einigen weiteren Gewürzen. Diese Soße schüttete sie über eine gebratene klein geschnittene Brühwurst. Dass ihre fettig-süß-scharfe Wurst schon wenige Jahre später Kultcharakter erhalten sollte, ahnte sie damals nicht. 1959 ließ sie die Wort-Bild-Marke „Chilllup“ für ihre Currysoße beim Deutschen Patent- und Markenamt eintragen. Gemäß diesem ist die Berliner Currywurst ohne Darm „eine fein gekutterte, ungeräucherte und nicht um-gerötete Brühwurst mittlerer Qualität. Es handelt sich um eine hitzebehandelte Wurstware, bei der zerkleinertes rohes Fleisch unter Zusatz von Kochsalz, Eis oder Eiswasser ganz oder teilweise aufgeschlossen wurde.“ In besten Zeiten verkaufte Heuwer täglich bis zu 1.000 Currywürste zu je 60 Pfennig. 1999 nahm sie ihr Rezept im Alter von 86 Jahren mit ins Grab: Nicht einmal ihrem Mann verriet sie es. Heute ist Herta Heuwer zu verdanken, dass am 04. September der internationale Tag der Currywurst gefeiert wird.
Alternative Erzählweisen wollen die Geburtsstunde der Currywurst in Hamburg verorten: Schriftsteller Uwe Timm behauptet, hier seine erste Currywurst bereits 1947 gegessen zu haben. Fürst Alexander zu Schaumburg-Lippe wiederum beansprucht die Erfindung der Currywurst für seine Familie, in deren Schlossküche in Bückeburg bei Hannover bereits 1946 die Currywurst entstanden sein soll, um sie Offizieren der britischen Rheinarmee aufzutischen. Zuletzt meldete sich Duisburg zu Wort: Hier soll Peter Hildebrand schon 1936 Tomatensoße mit Currypulver gemischt haben und so Wegbereiter der heutigen Currywurst sein.
Fakt ist: Dier erste Currywurst in der ehemaligen DDR kreierte 1960 Konnopke's Imbiß an der Schönhauser Allee unter der Hochbahn Ecke Danziger Straße in Ost-Berlin, welcher bis heute – mittlerweile in 4. Generation – besteht. Die täglich langen Schlangen am Imbiss lassen erahnen, dass die Currywurst hier mit besonders viel Liebe kredenzt wird.
Das Nobelhotel Adlon in Berlin verkauft seit 2018 Currywurst für schlappe 26 € mit einer Rezeptur aus Mango, Zitronengras, Sternanis und einer Prise Plattgold. 2002 brachte Meica mit dem „Curry King“ die erste Currywurst in Form eines Fertiggerichts auf den Markt. Seit 2006 gibt es des Deutschen beliebteste Wurst sogar auf dem Dresdner SemperOpernball.
2010 schaffte die Currywurst es schließlich ins Guinness-Buch der Rekorde: Mit 320 Metern Länge und 175,2 Kilogramm Gewicht kredenzte ein Großküchenhersteller in Wolfenbüttel die größte Currywurst aller Zeiten. Die Besucher des Rekordspektakels freute es: Mit 95 kg Tomatensoße und 1 kg Currypulver verfeinert, wurde die Wurst nach dem Braten an hungrig staunende Münder verteilt.
Selbst die Deutsche Post brachte 2011 eine 45-Cent-Briefmarke mit Currywurst-Motiv heraus. Derzeit ist zudem ein „Gedenkbriefumschlag“ anlässlich des 75. Geburtstags der Currywurst bei der Post erhältlich.
Zu guter Letzt wollen wir den Genuss in keiner Weise trüben, aber auch das gehört zum Faktencheck: Eine Currywurst hat 400 Kalorien, mit Pommes rot-weiß sogar ca. 1.000 Kalorien. Vom täglichen Konsum rät daher u.a. der Bundesverband deutscher Wurst- und Schinkenproduzenten ab. Gegen gelegentlichen Genuss ist jedoch überhaupt nichts einzuwenden. Denn auch hier gilt - wie bei fast allem: Die Dosis macht das Gift.
Die gute Nachricht: Selbst Vegetarier müssen nicht auf das kulinarische Kulturgut verzichten. Die Deutsche Bahn bietet in ihren Bordbistros z.B. auf einigen Strecken schon vegetarische Currywürste an. Auch in vielen Kantinen und Imbissen haben vegetarische Alternativen mittlerweile einen festen Platz eingenommen.
Für alle, denen das Wasser jetzt im Munde zusammenläuft, haben wir passend zum 75-jährigen Jubiläum einige coole und ausgefallene Currywurst-Rezepte zusammengestellt...
Bildtitel: Currywurst
Fotograf: Alexander Fox
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